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‘Bombardierung von Nimwegen, 1944’

Die Innenstadt von Nimwegen wurde am 22. Februar 1944 von den Amerikanern bombardiert. Fehler? Absicht? Das letzte Wort in dieser Frage ist sicherlich noch nicht gesprochen worden, aber das überlassen wir lieber anderen. Siehe
http://nl.wikipedia.org/wiki/Bombardement_op_Nijmegen
Wir berichten auf dieser Seite hauptsächlich darüber wie gewöhnliche Menschen von der Geschichte betroffen sind.

Jetty Cremers (Daten) studierte damals in Nimwegen und schrieb diesen Brief einen Tag später an ihre Familie, um sie zu beruhigen, aber auch um die Dinge, die sie erlebt hatte, los zu werden. Die brennenden Häuser, die Toten und Verletzten, aber auch die Plünderungen. Obwohl es sie krank machte, ging sie ins Krankenhaus um zu helfen. Der Text ist nicht überall leserlich, daher sehen hier und da Fragezeichen. Aber vom Inhalt geht dadurch nichts verloren.


Den vollständigen handschriftlichen Text findest du hier: BombardementNijmegen.pdf
Den abgetippten Text weiter unten

Seitenanfang

S.1
Ihr Lieben,

Schnell will ich schreiben um euch zu beruhigen, denn ihr werdet wohl schon vom schrecklichen Bombenangriff auf Nimwegen gehört haben, und sofort wird euch die Angst ums Herz geschlagen sein, weil zwei von euren Kindern hier waren. Aber Jopie und Familie und auch Carla und ich sind unversehrt davon gekommen, nachdem wir dem Tod mitten ins Gesicht gesehen und uns stark bedroht gefühlt haben. Den ganzen Vormittag war Fliegeralarm gewesen. Als wir Mittags bei Tisch waren, kam eine ganze Bande von Flugzeugen. Wir sind noch nach draußen gegangen um zuzusehen. Aber wir wussten nicht, was da noch kommen würde. Wir dachten, es wäre eine Strafe für die andere Seite, nicht, dass sie Unschuldige töten würden.
Kurz danach wurde das Signal „sicher“ gegeben und Carla und ich machten, dass wir nach Hause kamen. C. musste noch schnell zu Jurgens. Ich war noch nicht mal 5 Minuten im Haus, als wieder die Sirenen heulten und sofort die Bomben fielen. Ich wusste vor Schreck nicht, was ich tun sollte, es war ein harter Schlag. Aber ein paar Sekunden später hörte man nichts mehr, so dass ich nicht gedacht hätte, dass es so schlimm wäre, und so viel zerstört sein würde. Es musste aber in der Nähe sein und ich wunderte mich, dass bei uns keine Scheiben kaputt waren. Als ich aus dem Fenster sah, stiegen große schwarze Rauchsäulen hoch hinter den Häusern auf der anderen Straßenseite. Dann erkannte ich, dass ich nur knapp dem Tode entronnen oder vielmehr, dass es genauso gut auf die Van Slichtenhorststraat hätte fallen können, aber ich war in der größten Angst um Carla, die in der Stadt war. Aber nach 15 Minuten war Carla wieder da. Als die Bombe fiel, hatte sie gerade vor dem Haus Jurgens gestanden.

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Sie sah große Staub- und Feuerwolken und machte, dass sie dort ins Haus kam. Sie gab ihre Nachricht ab, und da ihr nicht angeboten wurde, sich unter zu stellen, sah sie zu dass sie nach Hause kam. Auf dem Heimweg hörte sie schon Gerüchte darüber, was alles getroffen wäre. Dann habe ich sie sofort in die Stadt mitgenommen. Was sehr gefährlich war, wenn ich im Nachhinein überlege. Als wir zum Keizer-Karelplein (Kaiser-Karl-Platz) kamen, sahen wir große Rauch und ?wolken auf der Seite des Bahnhofs und der Molenstraat. Wir sind zunächst zur Molenstraat gegangen. Den Polizisten, der da stand um die Menschen zurück zu halten, haben wir umgangen indem wir durch eine sehr engen Gasse (Vlaamse Gas?) gegangen sind, so dass wir Mitten auf die Molenstraße auskamen. Die Kirche stand in Flammen, sie ist völlig ausgebrannt. Nur die Türme standen noch. Ein Chorknabe von 7 Jahren hat das Allerheiligste heraus geholt. Auch die [?]Marien[?]-Figurine wurde gerettet. Dahinter, weiter als die Kirche, in der Broerstraat, Burchtstraat, Bloemerstraat und der Sikke Hezelstraat ist alles ausgebrannt.
Jetzt, am Nachmittag des nächsten Tages, sind sie da immer noch am nachlöschen. Aber wirklich im die Brandzone haben wir uns nicht getraut. Rauch und Staub hielten einen schon davon ab. Plötzlich wurde geschrien, die Kirchtürme würden fallen und wie die Hasen haben wir zugesehen, dass wir von dort weg kamen. Aber sie stehen jetzt noch da. Wir hätten den Menschen so gerne geholfen. Alle waren dabei, ihr Haus auszuräumen, um zu retten was möglich war. Wir boten mehrmals an, beim schleppen zu helfen, aber sie trauten uns nicht, weil wir Fremde waren. Was verständlich ist, wenn man hört, was alles gestohlen wurde. Man hat schon Leute festgenommen, die sie erschossen haben. Die Kasse am Bahnhof wurde ausgeräumt. Und in der Stadtmitte mit all den Geschäften lag auch alles herum. Selbst die Leichen wurden geplündert. Wenn man auch sah, was alles auf der Straße lag: Stoffballen, Matratzen, Konserven(gläser). Das in den Vierteln,


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wo nur die Fenster kaputt waren, und die sie gerade räumten. Und das war wirklich notwendig, denn die riesigen Feuer wurden nicht gelöscht, und der Wind warf die Flammen von einem Haus aufs andere.
Wir sind auch beim Bahnhof gewesen, wo niemand durchkam, und wo es auch schrecklich war. Ein Volltreffer ist in einen überfüllten Zug einschlagen. Züge standen bereit zu gehen. Nur der mittlere Teil des Bahnhofs ist immer noch da. Oranjehotel, Victoriahotel, Hotel Bellevue, vollständig ausgebrannt. Die waren voll mit Deutschen. Ihr versteht schon, dass die Toten und Verletzten, die überall herum lagen, nicht zu zählen waren. Ich kann auch nicht schreiben, was ich gesehen habe. Eine Leiche brannte noch. Einfach so nur Arme und Beine. Die Verwundeten waren schon weggebracht worden, so gut wie alle. Wie viele haben noch das Sakrament der Sterbenden bekommen? Der Ausdruck in den Gesichtern der Menschen war schrecklich. Augen und Mund offen. Einige hatten den Kopf vollständig gespalten oder ab. Carla wurde so übel davon, dass sie mich nach Hause geschleppt hat. Wir gingen anschließend direkt zum Krankenhaus, wo es ein totales Durcheinander gab. Lauter Autos und Karren mit Verwundeten. Wir haben dann schnell eine weiße Schürze angezogen und fingen an, Bahren zu schleppen. Alle Gänge waren voll von Bahren, einige Leute lagen einfach auf dem Boden, ein schrecklicher Anblick, große Wunden und schwarz verbrannt. Ich habe auch eine Weile in der Ambulanz geholfen, aber ich habe nicht viel Ahnung und konnte also auch nicht viel tun. Ich reichte H2O2, Jod, Bandagen und so weiter, und diejenigen, die versorgt worden waren, brachte ich in die Abteilungen, wo sie untergebracht worden waren. Die Krankenschwestern konnten übrigens auch nicht mehr tun.

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Donnerstagnachmittag
Als ich das sah Später bin ich noch im OP-Saal helfen gegangen. Der OP-Saal ist ansonsten tabu für einen Laien, nicht mal jede Krankenschwester darf dort hinein. Ich habe nichts getan, außer Menschen festgehalten, als sie unter Narkose waren. Aber gesehen habe ich alles. Mir war gestern den ganzen Tag übel und letzte Nacht bin ich wirklich krank gewesen. Manche wurden einfach so operiert, ohne Narkose. Das Kreischen war schrecklich. Ich weiß nicht, wie viele Arme und Beine amputiert wurden, die alle in der Ecke lagen. Erst um 11 Uhr bin ich nach Hause gegangen. Carla war schon bei halb acht gegangen. Sie hatte in der Röntgenabteilung geholfen. Ich war so müde, dass ich ohne bösen Gedanken sofort einschlief, aber letzte Nacht war das nicht so einfach. Ich hatte nie Angst vor Bombenangriffen. Erst jetzt, wo ich es erlebt habe. Heute ist schon zwei Mal Alarm gewesen. Wie es scheint, sind wieder Bomben gefallen, aber weiter entfernt. Gestern gab es kein Wasser, heute war es wieder da. Gas gibt es immer noch nicht.
Man schätzt etwa 1000 Todesfälle. Was habe ich eine Angst um Jopie und seine Kinder gehabt. Ich dachte, dass mit dem Zug am Nachmittag wegfahren würden. Da habe ich mich zum Bahnhof gedrängelt um zu fragen, aber der Zug war schon weg. Übrigens traf ich am Nachmittag [?], die mir erzählte, dass Jopie noch sicher Hause saß. Enschede und Venlo sollen ebenfalls bombardiert sein, noch schlimmer als hier. In Arnhem gibt es auch 16 Todesfälle.
Heute morgen bekam ich deinen Brief, Ma. Es war kein Geld dabei, wie du schriebst. Von wem weißt du das über Paul? Schön, dass Dora euch helfen kommt. Hat Gerda jetzt 3 Mädchen? Ich werde so schnell wie möglich nach Hause kommen.
Im Moment kann man sich wohl nirgendwo sicher fühlen, aber dann bin ich wenigstens bei Euch. Ich denke so am 3. März. Einen Tag muss ich noch in Roermond bleiben.

Alles Liebe von
Jetty



Das Zentrum von Nimwegen nach sowohl deutschen als alliierten Bombenangriffen
Foto: 1944